Ein Polizeibericht vom 1. Juli 1876 berichtet von einer schrecklichen Ausgeburt des Aberglaubens. In der Nähe von Newport (Grafschaft Gwent, Südwales) wurde eine alte Frau namens Margaret „Peg“ Grover der Hexerei verdächtigt. Schön längere Zeit glaubten viele in der Gegend, dass die Frau für Unglücke verschiedener Art verantwortlich sei. Als ein kleines Mädchen namens Sarah Parvis unerwartet starb und sich Peg auch in dieser Zeit in der Nachbarschaft aufgehalten hatte, glaubten Arbeiter, dass Peg für den Tod verantwortlich sei. Diese schlangen ein Seil um Pegs Taille und warfen sie ins Wasser. Das Seil wurde schließlich über einen Ast geworfen, um die Frau zum großen Vergnügen der Zuschauer abwechselnd ins Wasser zu tauchen und wieder hochzuziehen. Der Vorgang wurde zehn- bis zwölfmal wiederholt. Vermutlich wäre die Frau gestorben, aber zum Glück kamen Nachbarn hinzu, die nicht dem Hexenglauben verfallen waren und die Frau befreiten.
Wasserprobe
Auch wenn der Polizeibericht hier nicht darauf eingeht, sprechen andere Quellen sprechen davon, dass die Abgergläubischen die Frau einer sogenannten Wasserprobe unterzogen hätten. Die Idee dahinter: Wenn die Frau eine Hexe wäre, würde sie den Test bestehen, also nicht untergehen. Danach könnte sie als Hexe verurteilt werden. Ging die Frau hingegen unter, wäre ihre Unschuld bewiesen. Aber allzu oft kam es dabei zu Todesfällen. Die Frau hatte halt dann das Pech gehabt, die Prozedur nicht überlebt zu haben. Das Motto: Tot, aber quasi freigesprochen wegen erwiesener Unschuld. Unter dem Segen der Kirche durchgeführte Wasserproben gab es seit 1215 nicht mehr, weltlich wurde das Verfahren allerdings noch länger angewendet. Vereinzelt sind Wasserproben als Rechtsmittel aber nur bis zum späten 17. Jahrhundert dokumentiert. Daher darf hier eher eine Art von besonders grausamer und verblendeter Selbstjustiz in Gestalt von Folter angenommen werden – in einer Gesellschaft, die schon deutlich aufgeklärter als noch im Mittelalter war, auch wenn die Reaktionen der Beteiligten anderes vermuten lassen.
Die Fotos mit dem Bach und dem alten Stauwehr hier dienen nur zu Illustration, sie haben keine Verbindung mit dem Fall. Ich habe sie 2021 in Glonn (bei Grafing) aufgenommen. Die Fotos scheinen aber etwas erzählen zu wollen und sind meines Erachtens für eine reine Bilderstrecke ohne Geschichte zu schade, daher werden sie hier gezeigt.
Quelle Polizeibericht: „Als Opa die Oma erstach“ / hrsg. von Leonard de Vries, Stalling-Verlag, 1976